Eine zunehmende Verweigerungshaltung von jungen Menschen für ein Engagement zu Gunsten der Allgemeinheit ist erkennbar. Auch die sich rasch verändernde Arbeitswelt beansprucht die Menschen in einem so starken Maße, dass die Bereitschaft, ein Ehrenamt zu übernehmen, kaum noch in Frage kommt. Berufliche und gesellschaftliche Bereiche, in denen früher fast nur Männer anzutreffen waren, sind heute für Frauen gleichermaßen zugänglich. Als Beispiel seien hier Bundeswehr, Polizei und Feuerwehr genannt. Durch die Überalterung der Bevölkerung sieht sich die Feuerwehr veranlasst, in gesteigertem Maße  Nachwuchswerbung bei Kindern und Jugendlichen zu betreiben, aber auch Erwachsene für einen Eintritt in ihre örtlichen Feuerwehreinheit zu gewinnen. Frauen sollten sich besonders angesprochen  fühlen, liegt ihr Anteil bundesweit bei etwa nur 7 %.

Seit erkannt wurde, dass Deutschland immer mehr für Einwanderer interessant ist und der Zuzug von ausländischen Arbeits- und Fachkräften seitens der Regierung gefördert wird, hat die Feuerwehr zunehmend Interesse an Eintritten von Menschen mit Migrationshintergrund. Verfügen diese doch über ein vielfältiges Wissen in Dingen wie Sprache, Kultur und Religion der hier bei uns lebenden ausländischen Mitbürgern. Liegt der Anteil an Migranten in der Bevölkerung bei 20%, so sind nur c a  1%  in der Feuerwehr. Bei 3088 Feuerwehrleuten im Rhein-Lahn-Kreis könnte diese Zahl um 1% höher liegen. Der Aufbau des Brandschutzes, sowie  Aufgaben und Arbeit der Feuerwehren in Deutschland sind  den Menschen mit Migrationshintergrund weitgehend unbekannt, da in ihren Heimatländern die Feuerwehr nicht ein solch hohes Ansehen genießt, wie dies in Deutschland der Fall ist. Langenscheid im Rhein-Lahn-Kreis, eine Gemeinde mit 530 Einwohnern, ist seit 10 Jahren für eine Frau mit brasilianischen Wurzeln zur Heimat geworden. Seit 2 Jahren engagiert sie sich dort ehrenamtlich in der Freiwilligen Feuerwehr. Geboren wurde sie in Valenca Bahia, einer Stadt mit 82000 Menschen im Nordosten von Brasilien am Atlantik, einer Stadt ohne Feuerwehr.

 

Als Kind hatte Jamaci Pimentel-Häuser immer den Wunsch zur Marine zu gehen, denn ihr Onkel war dort ein hochrangiger Offizier und seine schicke Uniform begeisterte sie. Geworden ist sie aber Hotelfachfrau und hatte so die Möglichkeit, mit der Familie des deutschen Hotelbesitzers für die Dauer von 3 Monaten mit einem Touristenvisum in die Bundesrepublik zu kommen. Als sie wieder zurück nach Brasilien musste, blieb die damals 18Jährige dort nur eine kurze Zeit. Gegen den Willen ihrer Eltern ging sie wieder nach Deutschland zurück, denn hier hatte sie einen Freund der Gastfamilie kennengelernt, der später dann ihr Ehemann und der Vater eines gemeinsamen Sohnes wurde. Zwischenzeitlich hat sich Jamaci Pimentel-Häuser auch beruflich verändert. So ist sie seit neun Jahren in der Altenpflege tätig und hat dort eine zusätzliche Ausbildung für die Pflege von Menschen mit Parkinson- und Alzheimererkrankung absolviert. Mit der Wahl des Pflegeberufes hat sie eine Entscheidung getroffen, die Respekt verdient, denn bedingt durch die zunehmende Überalterung unserer Gesellschaft und einem drohenden Pflegenotstand  werden bereits heute dringend Pflegekräfte gesucht. Die Frau aus Brasilien fühlt sich in Langenscheid zuhause. Sie kommt mit den Menschen hier gut zurecht, wobei die südamerikanische Mentalität, die geprägt ist von Offenheit, Hilfsbereitschaft und einem herzlichen Zugehen auf Menschen, ihr sicher sehr hilfreich ist. Auch der Langenscheider Dialekt ist kein sprachliches Problem mehr für sie. Wie sehr sich Jamaci Pimentel-Häuser mit der dörflichen Gemeinschaft inzwischen verbunden fühlt, zeigte sie, als sie sich bei der einmal im Jahr stattfindenden Kirmes spontan entschloss, der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr beizutreten. Ein sehr kühnes Unterfangen, gab es bis dahin doch keine Frau in der Feuerwehr und war sie in Langenscheid weder geboren noch hier aufgewachsen. Die 14 Männer und der Wehrführer Dirk Güll nahmen die ganze Angelegenheit sehr gelassen. Musste sich doch erst einmal erweisen, ob deutsche Dienstauffassung und südamerikanische Mentalität überhaupt zusammenfinden. Um das herauszufinden verabredete man sich zur nächsten Übung. Zur Überraschung aller Feuerwehrmänner erschien 5 Minuten vor Übungsbeginn Frau Pimentel-Häuser zu ihrer ersten Feuerwehrübung. Alle Männer waren begeistert und nach der Übung waren alle Beteiligte der Meinung: Es kann was werden. Dies ist nun schon 2 Jahre her. Die erste Feuerwehrfrau von Langenscheid wird von ihren Kameraden voll akzeptiert. Es gibt für sie keine Sonderbehandlung. Dies findet auch Bestätigung in der Aussage von ihr: „Manchmal fühle ich mich wie ein Mann“. Feuerwehrfrau Pimentel-Häuser besetzt alle Positionen gemäß ihrer bisherigen Ausbildung zum Truppmann (Frau) Teil 1, als Sprechfunkerin und Digitalfunkerin. Besonders findet sie Gefallen an Teamarbeit und Kameradschaft innerhalb der Einheit. Dass Jamaci Pimentel-Häuser ihren Eintritt in die Feuerwehr nicht bereut hat, ja mittlerweile eine Leidenschaft daraus geworden ist, zeigt ihre Bereitschaft, alle sich ihr zukünftig bietende Lehrgänge zur  Weiterbildung zu nutzen. Es ist auch der Verdienst des Wehrführers und seinen Männern, dass ihr Kameradin eine so positive Einstellung zur Feuerwehr gewonnen hat. Bleibt nur noch, die in 2 Jahren gemachten Erfahrungen des guten und erfolgreichen Miteinanders verstärkt nach außen zu tragen, um so weitere Frauen für die Feuerwehr zu gewinnen. Die Zugehörigkeit von Jamaci Pimentel-Häuser zur Langenscheider Feuerwehr kann man eigentlich  gar nicht besser beschreiben als dies einer ihrer Kameraden mit den Worten: „Eine fremde, ungewohnte Mentalität, die bereichert“, ausgedrückt hat.

 

Bernd  Bender,  KFV Rhein-Lahn 

   

 

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