Aus der Rhein-Lahn Zeitung vom 06.11.2012
Austritt Protest der Basis gegen höheren Mitgliedsbeitrag für Aktive
Von unserem Redaktionsleiter Michael Stoll
M Rhein-Lahn. Es brennt unterm Dach der Feuerwehr im Land. Als Erster tritt der Kreisfeuerwehrverband Rhein-Lahn mit Wirkung zum 1. Januar 2013 aus dem Landesfeuerwehrverband aus. Grund für diesen spektakulären Schritt ist der Protest gegen eine vom Landesverband beschlossene Erhöhung des Jahresbeitrags von 2,10 auf 3,60 Euro pro aktivem Mitglied. Dies sei ein 70-prozentiger Aufschlag, so die Wehrleute im Kreis. Hier ist man mehrheitlich der Meinung, dass der Landesverband statt den Beitrag zu erhöhen, besser selbst alle Spar- und Fördermöglichkeiten ausschöpfen sollte. Auch in anderen Kreisverbänden wurde der Aufschlag auf den Mitgliedsbeitrag heftig diskutiert.
Landesverband soll erst einmal selbst sparen
Der Zwist mit dem Landesverband ist schon im vergangenen Jahr deutlich geworden, als dessen damaliger Präsident Otto Fürst eigens zu einer Versammlung des Kreisverbandes nach Dachsenhausen anreiste, um hier vehement für die Beitragserhöhung einzutreten. Die Kameraden aus dem Rhein-Lahn-Kreis aber rechneten ihm vor, dass schon von den 3 Euro, die sie bisher pro Kopf nehmen, 2,10 Euro an den Landesverband gingen. Statt den Beitrag anzuheben, so der Kreisvorstand um seinen Vorsitzenden Gerhard Bingel, sollte der Landesverband zunächst einmal selbst Geld einsparen, etwa bei Reisekosten und dem Fuhrpark, der dem Präsidenten und anderen in der Geschäftsstelle des Verbandes zur Verfügung steht. Außerdem könnten noch weitere Landesmittel abgerufen werden, wenn der Verband dazu bereit wäre, sogenannte Projektförderungen verstärkt zu akzeptieren. Aufgrund neuer Bestimmungen erhält der Landesfeuerwehrverband seit 2011 nämlich keine pauschale Unterstützung durch das Land mehr, sondern nur für angemeldete und umfassend beschriebene Projekte. Nach Einschätzung des Kreisfeuerwehrverbandes verzichtet die Landesorganisation jedoch aus formalen Gründen darauf, solche Gelder in voller Höhe zu beantragen.
„Es passt nicht mehr in die Zeit“, so Michael Dexheimer, stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes, „einfach nur mehr Geld zu verlangen. Man muss sich auch selbst prüfen, ob man noch alles richtig macht und nicht doch hier und da einsparen kann.“ Ein stabiler Landesverband, der die Interessen der Feuerwehren gegenüber der Politik vertritt, sei wichtig – aber nicht um jeden Preis. Der auf einer nicht öffentlichen Delegiertenversammlung mehrheitlich beschlossene Austritt sei ein Zeichen, dass die Basis nicht alles mit sich machen lässt. Von anderen Kreisverbänden wisse man, dass es dort ebenfalls rumore; zum Teil seien Abstimmungen pro Beitragserhöhung nur sehr knapp verlaufen. Es gebe auch Kreisverbände, die die Erhöhung nicht von ihren Mitgliedern verlangen, sondern diese aus der Kreiskasse zahlen. Ob sich da ein Flächenbrand abzeichnet? „Das steht zu befürchten“, sagt Dexheimer. Er legt aber Wert auf die Feststellung, dass der Schritt der Kameraden im Rhein-Lahn-Kreis nicht unumkehrbar ist: „Wir hoffen immer noch, dass der neue Präsident des Landesverbandes, Frank Hachemer aus Neuwied, Zeichen setzt und mit dem Sparen beginnt. Dann sind auch wir wieder zu einer Annäherung bereit.“
Hachemer, der seit dem 20. Oktober neuer Präsident des Landesverbandes ist, bedauert den Schritt der Feuerwehrleute aus dem Rhein-Lahn-Kreis, der aber noch vor seinem Amtsantritt vollzogen wurde. Er verweist darauf, dass Einsparpotenziale in jedem Falle genutzt werden, dennoch werde der Landesverband nicht ohne die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge auskommen, davon habe er sich persönlich überzeugt. Da das Land den Verband nicht mehr pauschal unterstützt und auch die Projekte nur mit maximal 60 Prozent bezuschusse, müsse man stets 40 Prozent aus eigenen Mitteln aufbringen – bei jeder zusätzlichen Spende für ein Projekt fällt der Landeszuschuss sogar noch geringer aus. Hinzu kommen die Gehälter für einen Geschäftsführer und zwei Sekretärinnen, die dauerhaft gesichert werden müssen. „Mit dem alten Beitrag können wir unsere Verbandsarbeit auf Dauer nicht mehr finanzieren“, sagt Hachemer. „Einsparen allein reicht auf lange Sicht nicht mehr. Wir werden aber dafür sorgen, dass für alle Mitglieder vollkommen transparent ist, wo und wofür wir Geld ausgeben.“
Kreisverband bereitet sich
auf Unabhängigkeit vor
Trotz dieser Erklärung bereitet sich der Vorstand des Kreisverbandes zunächst einmal auf die Unabhängigkeit vor. 10 600 Mitglieder hat er, davon mehr als 3000 Aktive. Die sind über die Gemeinden und Städte versichert, nur die Mitglieder der Fördervereine genossen bisher über den Landesverband einen entsprechenden Schutz. Für sie muss nun eine neue Versicherung gesucht und abgeschlossen werden. Bei den Ehrungen fällt in Zukunft etwa die Ehrenmedaille des Landesfeuerwehrverbandes weg, dafür soll die Ordensspange des Kreisverbandes auf die Stufe Gold erweitert werden. Und schließlich können Feuerwehrleute aus dem Kreis bei Wettbewerben wie dem Geschicklichkeitsfahren zukünftig nicht mehr an Landesausscheidungen teilnehmen. Auf der 34. Delegiertenversammlung des Kreisfeuerwehrverbandes am kommenden Samstag in Flacht soll über diese Details weiter diskutiert werden.
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